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AutorenbildHelmuth Lauscher

Das betrübliche Ende meiner wunderbaren Reise durch Tunesien oder: Die Attacke in La Goulette

Eigentlich fing alles ganz harmlos an. Ich war am Tag vor dem Ablegen der Fähre noch ca. 30KM in den Süden von Tunis gefahren, nach Uthina, eine der vielen altrömischen Ausgrabungsstätten, in einer schönen Landschaft voller Olivenhaine und mit Bergen im Hintergrund. Dort verbrachte ich eine ruhige Nacht und machte mich am Tag der Abreise auf den Weg nach La Goulette, den Hafen von Tunis.

Sonnenuntergang bei Uthina/Oudna
Sonnenuntergang bei Uthina/Oudna


Mir war aufgrund von Berichten anderer Reisender bewusst, dass es im Umfeld dieses Hafens bzw. konkret im Zusammenhang mit Fähren, die dort das Land verlassen, immer wieder zu Problemen kam und kommt. In Form von jungen Männern, die versuchten, in, auf oder unter Fahrzeuge und so als blinde Passagiere in den Hafen bzw. im für sie besten Fall auf ein Schiff nach Europa zu kommen.

Ich hatte mir deshalb eine Art Strategie überlegt, die nur leider von Anfang an in die Binsen ging: Meine geplante Maßnahme Nummer eins war, MANgo an einer 800m entfernten Polizeiwache zu parken und den Hafen-Check-in zu Fuß aufzusuchen, was ich auch tat. Ich konnte nur nicht einchecken, weil das Personal darauf bestand, mein Fahrzeugticket persönlich unter den Scheibenwischer zu klemmen, also musste ich MANgo doch herholen.

Maßnahme Nummer zwei war eigentlich, nach dem Einchecken das Gelände wieder zu verlassen und mit MANgo etwas länger ein gutes Stück außerhalb zu warten, bis die Hafentore öffnen, um direkt in den Hafen einfahren zu können. Der „Manager“ des Check-in meinte aber, es sei sehr wenig los und das Tor öffne gleich, was mich zum wahrscheinlich größten Fehler verleitete, doch vor das Tor zu fahren. In der Tat waren nur ca. sechs oder acht PKW vor mir und ich war schon guter Hoffnung, dass alles reibungslos abläuft, nur wurde dann leider nix aus der Ankündigung „das Tor öffnet gleich“.


Mein zweiter großer Fehler war, eine Gruppe von sechs bis acht tunesischen Jugendlichen zwischen vielleicht vierzehn und achtzehn Jahren, die dort scheinbar beiläufig herumlungerten, zunächst gar nicht wirklich ernst zu nehmen, solche gibt es schließlich überall auf der Welt. Nur waren diese anders, ganz anders. Das wurde ziemlich schnell klar, nachdem sie sich aufgeteilt hatten und von verschiedenen Seiten um MANgo herumstreiften, während andere jeweils versuchten, mich abzulenken. Was ihnen offensichtlich auch gelang, denn – und das ist das allergrößte Manko für einen allein Reisenden – ich konnte nicht gleichzeitig überall um MANgo herum sein und alles im Auge behalten.


Der dritte Fehler war, damit zu rechnen, dass ein eventueller Versuch, auf MANgo oben drauf zu kommen, über das Fahrerhaus erfolgen würde. Pustekuchen. Eine Ablenkungsaktion musste so lang gelungen sein, dass mindestes einer es schaffte, über den angeklappten Türgriff und die Markise nach oben zu kommen (vermute ich). Dort wurde die Haube eines Dachfensters gewaltsam aufgerissen und die Innenverkleidung hinuntergetreten, um ins Innere zu gelangen, zum Glück vergeblich. Meine Dachfenster sind mit 40/40 zum einen schon eher klein, zusätzlich aber noch durch einen stabilen Mittelsteg in der Dachöffnung gesichert. Diese ganze Aktion geschah in unfassbarer Geschwindigkeit und Dank Umgebungslärm auch noch ungehört und von mir selbst zunächst unbemerkt.



Erst als ich schließlich hinter dem Hafentor stand, sah ich am ersten Kontrollpunkt die Bescherung: Der Insektenschutz des hinteren Dachfensters hing in Fetzen herunter und die Haube war geöffnet, weiter als eigentlich möglich. Die Folge war eine gründliche Durchsuchung durch Zoll und Polizei, die erste von insgesamt dreien, bis ich auf der Fähre war. Etwas Polizeipräsenz vor dem Tor wäre in dem Fall deutlich hilfreicher gewesen.

Das Dachfenster bzw. dessen Haube musste ich für die Weiterfahrt provisorisch festbinden, konnte es zum Glück aber inzwischen ohne Totalaustausch reparieren: Der Hebeapparat, ein Drehrad mit Schneckenantrieb, war durchgerissen und die Innenverkleidung natürlich kaputt. Die Haube selbst hatte standgehalten und war im Scharnier geblieben. An der Markise fehlt die hintere Abdeckkappe und sie schließt nicht sauber, funktional habe ich sie noch nicht geprüft.

Eine wirklich blöde Erfahrung: Die Bilder des Geschehens und die, die mein Kopfkino seither produziert, werden mich noch eine Weile begleiten, ich kann mit solch einer Attacke nicht so gut umgehen.

Trotzdem werde ich mir davon drei Monate Reise mit ganz besonderen, schönen Momenten, herrlichen Orten und netten Menschen nicht vermiesen lassen ✌️

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